Chemische Forschung, militärische Interessen, ökonomische Auswirkungen
Katharina Loeber, Der Niedergang des Chilesalpeters: Chemische Forschung, militärische Interessen, ökonomische Auswirkungen. Wissenschaftlicher Verlag Berlin, 2010, 144 S.
Wurde Imperialismus ursprünglich als gewaltsame Ausdehnung staatlicher Herrschaft über meist unterentwickelte Territorien definiert, entstanden im Laufe des 20. Jahrhundert mit zunehmender Unabhängigkeit der Kolonien Diskurse über informelle, imperiale Machtverhältnisse. Der am häufigsten diskutierte Aspekt ist wohl der der Ökonomie, aber in den letzten Jahrzehnten fanden auch Fragen nach Formen von imperialer Herrschaft wie Kultur- oder Wissenschaftsimperialismus verstärkt Beachtung.
Ein Fallbeispiel für ein nicht nur durch Wirtschaft, sondern auch durch naturwissenschaftliche Forschung bedingtes Machtgefälle stellt der Niedergang des Chilesalpeters dar. Bis dahin eher von Dependenztheoretikern als Beispiel für eine abhängige ökonomische Entwicklung dargestellt, steht der Verlauf der chilenischen Salpeterzyklen Anfang des 20. Jahrhunderts ebenfalls in Wechselwirkungen mit der deutschen Stickstoffforschung. Die durch den Ersten Weltkrieg entstandene Notwendigkeit, ein synthetisches Ersatzprodukt für Salpeter als Grundlage für Sprengstoffe zu entwickeln, beeinflusste nicht nur die Entwicklung der chemischen Forschung, sondern auch die Ökonomie Chiles nachhaltig. Zu der Diskussion über wirtschaftliche Abhängigkeit kommt die Frage, ob hier ein Beispiel für eine Form von Imperialismus vorliegt, die durch eine scheinbar unabhängige wissenschaftliche Forschung bedingt ist.
Inhalt: http://www.wvberlin.de/data/inhalt/inhaltsverzeichnisse_pdf/978-3-86573-513-3.pdf.